Tschüß derweil
“Tschüß derweil”, das hast du jedes Mal gesagt, wenn wir uns voneinander verabschiedeten. Es war dein ganz persönlicher Ausdruck für “Bis dann” oder “Bis zum nächsten Mal”. Es bedeutete, wir werden uns auf jeden Fall wieder sehen.
Mit diesen Worten in den Ohren konnte ich beruhigt gehen, denn ich wusste, es war nur ein Abschied auf Zeit. Für ein paar Stunden, für einen ganzen Tag oder durchaus auch für einen längeren Zeitraum - aber das Wiedersehen stand immer mit Sicherheit fest.
Ich habe es geliebt, dieses “derweil”. Strahlend, aber ruhig kam es stets daher. Ehrlich und so herrlich beständig. Auch in der Zeit deiner schrecklichen Krankheit. Egal wie schlecht es dir ging, das “Tschüß derweil” blieb und mit ihm, bei aller Sorge, meine Hoffnung auf das nächste Beisammensein. Es hat einfach zu dir gehört, als Abschiedsgruß, dein “Tschüß derweil”.
Als wir uns am späten Nachmittag des 7. Januar 2004 verabschiedeten, ich das Krankenhaus verließ, um nach Hause zu meinen Kindern und meinem Mann zu fahren, sagtest du nur “Tschüß”. Es war mir in diesem Moment gar nicht aufgefallen, doch das lieb gewonnene Wörtchen “derweil” fehlte. Ich, deine Tochter Karin, hatte in der Hektik des Aufbruchs einfach nicht bemerkt, dass du dich diesmal für die Ewigkeit verabschiedet hattest. Nicht “derweil”, nicht bis zum nächsten Wiedersehen. Diesmal sagtest nur nur “Tschüß” zu mir und das für immer.
Diesen Augenblick hatte ich stets so gefürchtet, oft davor gezittert angesichts deiner schrecklichen Krankheit, die du mit einer bewundernswerten Geduld ertragen hattest.
Auch wenn ich die letzten beiden Tage und Nächte an deinem Krankenbett verbracht hatte und um deinen Zustand wusste, an diesem Nachmittag war ich auf die letzte Verabschiedung nicht vorbereitet. Schlimmer noch, ich nahm sie nicht einmal richtig wahr. Ich ging in Eile von dir in diesem Moment, doch in dem Bewusstsein, dich am nächsten Tag auf jeden Fall wieder zu sehen. Daran zweifelte ich in diesem Augenblick nicht.
Doch auf der Heimfahrt sind mir dann die Tränen gelaufen, wie ich es vorher und nachher nicht erlebt habe. Es war, als ob sich ein Schwall aufgestauter Gefühle mit einem Mal löste. Als ob die Tränen wussten, dass du gehen würdest.
Am 8. Januar 2004, kurz nach Mitternacht, hast du diese Welt dann für immer verlassen. Mit 65 Jahren bist du gegangen, nach deinem langen, aber ruhigen Kampf gegen den Krebs. Nicht plötzlich, wir konnten und mussten uns darauf vorbereiten. Und doch kam es für mich an diesem Tag so unerwartet.
Ich habe dir noch nicht “Tschüß” für die Ewigkeit gesagt. Ich will und muss mich noch von dir verabschieden, dich endgültig loslassen, für immer.
Darum an dich ein leises “Tschüß” und ein großes Dankeschön mit meinen Erinnerungen an unsere wunderschöne gemeinsame Zeit.
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Für dich, für mich und für andere.
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Fortsetzung folgt...
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